Führen Frauen anders als Männer?
„Frauen führen nicht anders als Männer“ – so die Aussage von Tanja Baum, systemische Organisationsberaterin und Coach aus Köln, in einem Interview mit top eins. Ihrer Erfahrung nach kommunizieren weibliche Führungskräfte nicht per se sensibler, verhalten sich nicht empathischer oder gehen gar mehr auf ihre Mitarbeitenden ein als ihre männlichen Pendants. Unterschiede sieht sie lediglich in den Überlegungen, eine Führungsrolle anzunehmen. Frauen gehen dabei in der Regel weniger leichtfertig vor und hinterfragen sich selbst kritischer, ob sie bereits gut genug für eine solche Verantwortung sind und ob sie diese überhaupt übernehmen wollen. Zusätzlich spielen auch Fragen der Vereinbarkeit des Jobs mit dem restlichen Leben eine größere Rolle als bei Männern. Viele Frauen würden daher trotz Eignung den Schritt in die Führungsetage verpassen.
Den Grund für die Fehlannahme, dass Frauen angeblich anders führen als Männer, sieht Baum im Schubladendenken – sowohl von Männern als auch von Frauen. Wir erwarten quasi ein unterschiedliches Verhalten, das wir dann tatsächlich auch so wahrnehmen.
Was aber beeinflusst nun den Führungsstil eines Menschen? Faktoren wie die Berufserfahrung als Führungskraft, das Alter und insbesondere die eigene Persönlichkeit bestimmen, wie ein Mensch führt. Die Organisationsberaterin sieht vorrangig bei Frauen eine ausgeprägtere Kommunikations- und Beziehungskompetenz. Aber auch dies ist eine Typfrage, denn auch Männer können hier ihre Stärken haben.
Laut einer Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit können Beschäftigte schlechter mit der Kritik weiblicher Vorgesetzter umgehen als mit der männlicher Führungskräfte. Tanja Baum rät aber, als weibliche Vorgesetzte daraufhin nicht mit „männlicherem“ Verhalten zu reagieren. Stattdessen sollte die Chefin eher eine andere Stärke herausarbeiten und damit überzeugen. Ohnehin sei in den meisten Unternehmen ein freundlicher Umgang mit den Mitarbeitenden sehr angesehen und auch gewollt.
Die Expertin rät Frauen, auf sich aufmerksam zu machen, sich selbst zu vermarkten und sich proaktiv um Führungspositionen zu bemühen, um den Anteil weiblicher Mitarbeitender in deutschen Führungsetagen zu erhöhen. Sie unterstreicht, dass mehr Frauen sich eine Führungsposition zutrauen müssten statt sich kleinzumachen. Durch die Frauenquote (der VFF berichtete) und die Elternzeit für Männer habe sich bereits viel getan, allerdings dauere es, bis sich lang gewachsene Traditionen und Strukturen tatsächlich verändern.
Das komplette Interview finden Sie hier.