Keine Pflicht zur sofortigen Jobsuche während Freistellung
„Eine absolut richtige Entscheidung, die das BAG da am 12.02.2025 getroffen hat“, urteilt Gerhard Kronisch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Das Bundesarbeitsgericht hatte entschieden: Kündigt ein Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, besteht der volle Lohnanspruch des Arbeitnehmers innerhalb der Kündigungsfrist. Das gilt auch dann, wenn er sich nicht direkt um ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis bemüht.
Im konkreten Fall kündigte ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zum 30. Juni 2023 und stellte ihn unwiderruflich frei. Anfang April meldete sich der Arbeitnehmer nach Eingang der Kündigung bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend. Die Arbeitsagentur schickte ihm erst Anfang Juli 2023 Vermittlungsvorschläge.
Der Arbeitgeber übersandte hingegen schon im Mai und Juni einige Stellenanzeigen von Jobportalen oder Unternehmen. Der Arbeitnehmer bewarb sich erst Ende Juni auf manche dieser Ausschreibungen. Der Arbeitgeber zahlte dem Arbeitnehmer für Juni 2023 keine Vergütung mehr. Nach seiner Ansicht wäre der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen, sich während der Freistellung zeitnah auf die Stellenangebote zu bewerben. Die daraufhin vom Arbeitnehmer erhobene Klage wies das Arbeitsgericht ab, in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht war der Arbeitnehmer hingegen erfolgreich.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied ebenfalls im Sinne des Arbeitnehmers (Urteil vom 12. Februar 2025, Aktenzeichen: 5 AZR 127/24): Der Arbeitgeber befand sich aufgrund der von ihm einseitig erklärten Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug. Daher schuldet er dem Arbeitnehmer nach § 615 BGB die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist.
Das Unternehmen hat laut BAG nicht dargelegt, dass ihm die Erfüllung des aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden, auch während der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers unzumutbar gewesen wäre. Daher bestand für den Arbeitnehmer keine Verpflichtung, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zur finanziellen Entlastung des Arbeitgebers ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen.
Den ursprünglichen Artikel finden Sie in der März-Ausgabe des VAA-Newsletters.