Neue Corona-Schutzverordnung: Was gilt arbeitsrechtlich?
Mit dem Auslaufen der Corona-Schutzverordnung trat am 20.03.2022 die neue SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft. Der VFF spricht mit Gerhard Kronisch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und erster Ansprechpartner in arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen beim VFF, über die neuen Regelungen.
VFF: Herr Kronisch, was genau gilt nach dem Auslaufen der alten Corona-Schutzverordnung vom 25.06.2021 für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Kronisch: Viele Regelungen der alten Verordnung haben weiterhin Bestand. Die Neufassung lässt auch den finanziellen und organisatorischen Aufwand für die Arbeitgeber weitgehend unverändert. Es bleibt im Großen und Ganzen bei den bisherigen Schutzmaßnahmen, die zum Ziel haben, Ansteckungen und Ausfälle durch Corona-Erkrankungen zu vermeiden. Neu ist, dass die Homeofficepflicht wie auch die 3G-Zugangsregelung entfallen. Zudem muss der Arbeitgeber auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung die noch erforderlichen Schutzmaßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz in einem Hygienekonzept festlegen und umsetzen. Neu hierbei ist, dass der Arbeitgeber einen ihm bekannten Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten nicht mehr berücksichtigen darf.
VFF: Was genau sollte die Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber beinhalten?
Kronisch: Es ist zu prüfen, ob den Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, einmal pro Kalenderwoche kostenfrei ein Corona-Test angeboten werden soll. Zudem soll weiterhin vermieden werden, dass gleichzeitig zu viele Personen eine Räumlichkeit nutzen. Vor diesem Hintergrund müssen die Arbeitgeber auch alternative Maßnahmen in Erwägung ziehen, wie beispielsweise das Angebot von Homeoffice. Ist darüber hinaus das Tragen medizinischer Gesichtsmasken erforderlich, müssen sie vom Arbeitgeber bereitgestellt werden.
VFF: Was gilt für das auf der Gefährdungsbeurteilung basierende Hygienekonzept und welche Regelungen sind noch zu beachten?
Kronisch: Das Hygienekonzept muss allen Beschäftigten in geeigneter Weise zugänglich sein. Darüber hinaus müssen alle Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, sich während der Arbeitszeit gegen das Coronavirus impfen zu lassen.
VFF: Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, wenn sein Arbeitgeber die Arbeitsschutzregelungen nicht einhält?
Kronisch: In diesem Fall hat der Arbeitnehmer kein Recht, seine Arbeitsleistung zu verweigern, da hier eine Kündigung droht. Er hat aber gegebenenfalls das Recht, seine Arbeit ins Homeoffice zu verlegen. Zudem kann er das Verhalten seines Arbeitgebers bei den Aufsichtsbehörden anzeigen.
VFF: Kann ich mich als Arbeitnehmer weigern, an den Arbeitsplatz zurückzukehren?
Kronisch: Grundsätzlich kann der Arbeitgeber die Rückkehr des Arbeitnehmers aus dem Homeoffice verlangen. Dies folgt aus dem Direktionsrecht, denn der Arbeitgeber bestimmt Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Es ist allerdings immer empfehlenswert, diesbezüglich eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. Gelingt dies nicht, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls auch eine Änderungskündigung aussprechen. Die Änderungskündigung beinhaltet die Kündigung des Arbeitsvertrags mit dem Arbeitsort Homeoffice, verbunden mit dem Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuen Arbeitsbedingungen, nämlich der Arbeit am Arbeitsplatz. Lehnt der Arbeitnehmer die Änderungskündigung ab, endet das Arbeitsverhältnis mit Auslauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer kann das neue Angebot aber auch unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit annehmen und die Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege einer Änderungsschutzklage arbeitsgerichtlich überprüfen lassen.
VFF: Vielen Dank für dieses Interview, Herr Kronisch!