Urlaub – was gilt aus arbeitsrechtlicher Sicht?
Die Sommerferien in den ersten Bundesländern haben begonnen – für viele ist dies der Start in die Urlaubszeit. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ein spannendes Thema, gibt es hierzu doch häufig einige Fehlannahmen. Was ist beispielsweise dran an der weit verbreiteten Auffassung vieler Unternehmen, dass Resturlaub bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden muss? „Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss ein Arbeitnehmer seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen“, erklärt Gerhard Kronisch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Der Urlaub verfällt daher grundsätzlich schon am 31. Dezember und nicht erst im Folgejahr“, so der VFF-Rechtsexperte.
Arbeitnehmer können Resturlaubstage nur dann mit in das Folgejahr nehmen, wenn beispielsweise eine Arbeitsunfähigkeit, eine Erkrankung eines nahen Angehörigen oder dringende betriebliche Gründe, wie z. B. termingebundene Aufträge, dazu geführt haben, dass im laufenden Jahr nicht alle Urlaubstage genommen werden konnten. Wird der Urlaub dann nicht innerhalb des ersten Quartals des Folgejahres genommen, verfällt er komplett. Mit einer Einschränkung: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes verfällt der Urlaubsanspruch nur dann, wenn der Arbeitgeber dafür gesorgt hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich seinen bezahlten Jahresurlaub nehmen kann – auch bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitnehmer aufzufordern, den Urlaub zu nehmen und ihm mitzuteilen, dass und wie viele Urlaubstage für das Jahr noch zur Verfügung stehen. Dass der Arbeitgeber diesen Hinweis auch tatsächlich gegeben hat, muss er im Zweifel belegen können.
Was viele ebenfalls interessiert: Kann der Arbeitgeber den bereits bewilligten Urlaub wieder streichen? „Nein, eine schon erteilte Urlaubsgenehmigung kann der Arbeitgeber nicht einseitig wieder zurückziehen“, erläutert Gerhard Kronisch. Auch der Rückruf eines Arbeitnehmers, der sich bereits im Urlaub befindet, ist nicht zulässig. Die Ausnahme: Liegen dringende betriebliche Gründe vor, wie eine ernsthafte Gefährdung des Unternehmens, die nur durch die Unterstützung dieses einen Mitarbeitenden abgewendet werden kann, darf der Urlaubsplan vom Arbeitgeber geändert werden. „Hierbei muss es sich aber tatsächlich um einen Notfall handeln“, so Kronisch. Vereinbarungen, nach denen der Arbeitgeber sich vorbehält, den einmal gewährten Urlaub zu streichen bzw. den Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückrufen zu können, sind nichtig. „Allerdings können Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Urlaub natürlich nachträglich einvernehmlich ändern.“ Auf der anderen Seite ist der gewährte Urlaub auch für den Arbeitnehmer bindend – dieser kann die Urlaubstage nicht zurückgeben, nur weil sich seine Reisepläne geändert haben. Auch hierüber muss Einvernehmen erzielt werden.
Darüber hinaus, und das wissen viele nicht, werden Tage, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, nicht als Urlaubstage gezählt. „Dies muss allerdings durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden“, so Kronisch. Einige Tarifverträge schreiben darüber hinaus vor, dass dem Arbeitgeber diese Arbeitsunfähigkeit unmittelbar gemeldet werden muss. Die entsprechenden Urlaubstage können dann zu einem späteren Zeitpunkt genommen werden. „Hier gelten allerdings dieselben Vorgaben wie bzgl. der Erstgewährung des Urlaubs“, erklärt der Rechtsanwalt. Dazu gehöre auch, dass der Arbeitnehmer den Urlaub nicht eigenmächtig um die Anzahl der Krankheitstage verlängern darf – im Zweifel drohe bei solch einer „Selbstbeurlaubung“ sogar eine Kündigung.
Was die Beantragung des Urlaubs anbelangt, muss der Arbeitnehmer seinen Urlaubswunsch eindeutig geltend machen. Der Arbeitgeber kann dem Mitarbeitenden aber auch einseitig Urlaub erteilen. Der Arbeitnehmer kann sich in dem Fall weigern, den Urlaub anzunehmen. Dies muss er dem Arbeitgeber sofort mitteilen.
„Die Fehlannahme, dass in der Probezeit automatisch eine Urlaubssperre gilt, ist zwar weit verbreitet - es gibt aber kein gesetzliches Verbot bzgl. der Urlaubsgewährung während der Probezeit“, so Gerhard Kronisch. Bis zum Ende der halbjährigen Probezeit entsteht monatlich ein Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs, den der Arbeitnehmer auch während der Probezeit nehmen darf, wenn der Arbeitgeber einverstanden ist. „Und viele Arbeitgeber sind einverstanden, denn andernfalls schieben die Arbeitnehmer den Urlaub vor sich her und finden später keine Gelegenheit mehr, ihn zu nehmen.“