Beim Wellbeing Shaming handelt es sich nach Melissa Doman um eine subtile Form, andere zu stigmatisieren, weil diese auf ihre mentale Gesundheit achtgeben. Bildquelle: Mohamed Hassan / pixabay.com

Wellbeing Shaming: Wenn man sich für Selbstfürsorge schämen muss

„Du kannst es Dir erlauben, um 16.00 Uhr Feierabend zu machen? Also, in meiner Position geht das nicht.“ Sind Ihnen solche oder ähnliche Kommentare schon einmal im Berufsalltag begegnet? Solche Aussagen weisen auf ein Phänomen in der Arbeitswelt hin: Wellbeing Shaming. Dabei handelt es sich nach Melissa Doman um eine subtile Form, andere zu stigmatisieren, weil diese auf ihre mentale Gesundheit achtgeben. Diejenigen, die diese Art der Beschämung betreiben, kritisieren also ihre Kollegen, die regelmäßig Pausen einlegen bzw. für sich selbst sorgen oder reagieren negativ auf diejenigen, die flexible Arbeitsmodelle nutzen und so ihre Work-Life-Balance verbessern. Sie machen – oft auch unbewusst – Druck, immer „on“ sein und Überstunden leisten zu müssen.

Aber was treibt solche Kollegen dazu, das gesunde Verhalten anderer zu verurteilen? Viele wollen sich oft mit ihrem übermäßigen Eifer über andere stellen oder ihr eigenes Verständnis von Leistung auf die Kollegen übertragen. Bei einigen steckt evtl. auch die eigene Unfähigkeit, Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu bringen und der Wunsch dahinter, diese Unfähigkeit kleinzureden.

Die Antwort auf Wellbeing Shaming ist leider oftmals die, dass diejenigen, die Selbstfürsorge betreiben weniger oder vielleicht sogar gar nicht mehr über mentale Gesundheit sprechen – im schlimmsten Fall sogar ihre gesunden Routinen einstellen, um sich nicht abzugrenzen. Wie sollte aber stattdessen reagiert werden?

Statt bissige Kommentare einfach stehen zu lassen, sollten Betroffene erklären, dass sie sich Zeit für Familie und Freizeitaktivitäten nehmen, um produktiv im Job zu bleiben, und offen nachfragen, ob das Gegenüber konkrete Bedenken habe, was die Leistung betrifft. Zudem sollte eine Unternehmenskultur gefördert werden, in der Selbstfürsorge und mentale Gesundheit ernst genommen werden. Beispielsweise können sich Kollegen gegenseitig erinnern, dass es Zeit für eine Pause ist oder dass das eine To Do auch noch morgen erledigt werden kann. Bietet ein Arbeitgeber darüber hinaus flexible Arbeitszeitmodelle an, sollte er diese auch wirklich leben und positiv reagieren, wenn diese Flexibilität auch tatsächlich genutzt wird.

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